al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Donnerstag, 28. August 2014

ḫalaṣ bikaffe!

Der Blog liegt nun schon einige Zeit brach und daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern.

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Donnerstag, 13. Juni 2013

Einflussreiche Geistliche rufen zum Dschihad in Syrien auf

Nachdem der Generalsekretär der libanesischen Hizbullah im Mai offiziell die Teilnahme seiner Miliz an den Kampfhandlungen in Syrien erklärt hatte war es nur eine Frage der Zeit, wann die islamistische Gegenseite ihrerseits den nächsten Schritt zur weiteren Eskalation gehen würde.

Im Rahmen einer Konferenz haben nun mehrere äußerst einflussreiche sunnitische Geistliche offiziell die sunnitischen Muslime zum Jihad in Syrien, sei es mit ihrer "Seele, ihrem Vermögen oder mit der Waffe" aufgerufen. Die Bedeutung dieses Aufrufs kann kaum überbewertet werden. Bei einem der Geistlichen handelt es sich nämlich um den bekannten Yusuf al-Qaradawi, dessen Fernsehsendung "Scharia und Leben" auf Al-Jazeera angeblich bis zu 60 Mio. Menschen erreicht.
Neben al-Qaradawi hat sich auch der saudische Geistliche Mohammed Arefe dem Aufruf angeschlossen, der auf seinem Twitter-Kanal stolze 5,2 Mio. Follower vorweisen kann. 

Zwar ist in dem Statement in Bezug auf den Jihad (noch) nicht von einer "fard 'ayn" die Rede, was den Jihad tatsächlich (jedenfalls nach Ansicht dieser einflussreichen Geistlichen) zu einer zwingenden Pflicht für jeden Muslim gemacht hätte, benutzt wird aber die kaum weniger starke Formulierung "wujoub al-jihad", was in etwa "Notwendigkeit zum Jihad" bedeutet. Auch werden in dem Aufruf nicht die Schiiten direkt erwähnt, die Rede ist vielmehr von "rawafidh", ein wohlbekannter abwertender Ausdruck für Schiiten. 

Noch mögen arabische Staaten es begrüßen, wenn Dschihadi-Salafisten zum Kampf nach Syrien gehen, um dort gegen das Assad-Regime zu kämpfen. Doch auch dieser Krieg wird irgendwann vorbei sein und dann kehren diese kampferprobten, radikalisierten Mudschahidin in ihre Heimatländer zurück, wo sie wieder zum Problem für die dortige Ordnung werden.

Es ist das gleiche Problem wie zur Zeit des Afghanistankrieges 1979 - 1989. Die Regierungen vieler arabischer Länder waren froh darüber und unterstützten es, dass die Fundamentalisten das Land verließen, um gegen den "kommunistischen Feind" in Afghanistan zu kämpfen. So wurden sie selbst einen radikalen Teil der Bevölkerung los und konnten gleichzeitig ihren außenpolitischen Einfluss erweitern.
Waren jedoch die Sowjets wieder abgezogen, kehrten auch die "afghanischen Araber" in ihre jeweiligen Heimatländer zurück und begannen den bewaffneten Kampf gegen den Staat.

Wir werden heute Zeuge wie Schiiten als auch Sunniten aus verschiedenen muslimischen Ländern zum Dschihad nach Syrien gehen und wie sich dieser Konflikt zu einem Flächenbrand entwickelt. Auf der Strecke bleibt die syrische Bevölkerung, die kaum ein Interesse daran hat, dass das Land zum Schauplatz eines blutigen Krieges der Konfessionen wird.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Muslime schuld am NSU?

Nachdem FAZ-Redakteur Jasper von Altenbockum vor einigen Monaten das Pogrom von Lichtenhagen dahingehend lobte, dass erst dadurch der "Weg für eine gesteuerte Einwanderungspolitik" frei gemacht wurde, erkennt er jetzt eine Mitschuld muslimischer Migranten an der Mordserie des NSU:
Warum es aber unzulässig gewesen sein soll, Sicherheitsfragen in den Vordergrund zu stellen, wie es muslimische Verbände und die SPD jetzt und schon früher kritisierten, ist angesichts des NSU-Terrors eine recht eigenartige Perspektive. Extremismus und Terror gehören zu den Gründen, warum eine Minderheit der Muslime nicht integrationswillig ist; das wiederum ist einer der Gründe für islamfeindlichen Extremismus und Terror.
Muslime bringen, laut von Altenbockum, mit ihrer angeblichen, extremismusbedingten Integrationsunwilligkeit also deutsche Nazis erst dazu "Ausländer" zu morden.

via neues deutschland

Donnerstag, 14. Februar 2013

Zur Situation der Revolution in Syrien

Das Bild zeigt die von syrischen Rebellen enthauptete Statue des Dichters Abū l-ʿAlāʾ al-Maʿarrī.



Al-Maʿarrī, geboren zu spätabbasidischer Zeit in der - heute stark umkämpften syrischen Stadt Maʿarrat al-Nuʿmān, gilt als einer der größten arabischen Dichter und Prosaautoren.
Seine religionskritischen und gegenüber Dogmatismus und Aberglaube skeptischen Werke gelten religiösen Fanatikern als Ketzerei. 

Ein Freigeist, der noch fast eintausend Jahre nach seinem Tod den Zorn der Fundamentalisten auf sich zieht.

Auf archive.org gibt es zwei seiner bekanntesten Werke zum Download:
ديوان سقط الزند - Seine Gedichtsammlung "Der Zunderfunke"
رسالة الغفران - Sein Prosastück "Sendschreiben der Vergebung"

Donnerstag, 17. Januar 2013

Plötzlich empört

Spiegel-Online über den Selbstmord eines russischen Asylbewerbers in den Niederlanden, der nach Russland abgeschoben werden sollte:
Der russische Regierungsgegner Alexander Dolmatow fühlte sich in Moskau nicht mehr sicher - und floh in die Niederlande. Doch sein Asylantrag wurde dort abgelehnt: Daraufhin hat sich Dolmatow in der Nacht zu Donnerstag in einem Flüchtlingsheim in Amsterdam selbst getötet, teilte die Vereinigung russischer Menschenrechtsanwälte mit. Demnach sollte "in wenigen Tagen" über einen Einspruch gegen die Ablehnung entschieden werden.
Es ist schon erstaunlich, dass sich Medien wie Spiegel-Online plötzlich für den Selbstmord eines Asylbewerbers interessieren. Zwar kommt es auch hierzulande, dank nationalstaatlicher Abschiebepraxis immer wieder zu Selbstmorden von Asylbewerbern, davon Notiz nehmen jedoch - wenn überhaupt - nur Provinzzeitungen.

Tiefer liegender Grund der Meldung ist aller Wahrscheinlichkeit nach keineswegs die Empörung um den Selbstmord eines Asylbewerbers, weil dieser abgeschoben werden sollte, sondern die Möglichkeit darzustellen wie grausam das Putin-Russland sein muss, wenn sich sogar einer umbringt damit er nicht wieder in das Land zurück muss.

Dienstag, 15. Januar 2013

The Arab Mind: Poseners Völkerpsychologie

Dass es Völker, Nationen oder Religionen gibt, die nicht so denken und fühlen, irritiert uns. Und zu Recht. Die Europäer haben das Glück erfunden, und es besteht in der Langeweile. Glücklich das Land, das keine Helden nötig hat. So sah es Bertolt Brecht, der Prophet der letzten Menschen, und er hatte recht. Und doch gibt es Völker, Nationen und Religionen, die in heroischen Dimensionen denken und fühlen. Dazu gehören die Araber.
[...]
Wer das nicht begreift, versteht auch den Konflikt um Israel nicht.

Alan Posener in der Welt über Völker, Nationen und die Psyche der Araber.

Sonntag, 13. Januar 2013

Mutiger Tabubrecher

[I]ch will mit Quad­fa­sel nicht zu hart ins Ge­richt gehen. Er hat es nicht leicht, denn nach der an­ti­se­mi­ti­schen In­ter­na­tio­na­le sieht er sich nun wie­der einer bi­zar­ren Quer­front ge­gen­über. Denn als mu­ti­ger Ta­bu­bre­cher macht er sich nicht nur um die Auf­klä­rung, die Mo­der­ne und Deutsch­land ver­dient, son­dern steht auch in einer Reihe mit gro­ßen Män­nern wie Sar­ra­zin und Gün­ther Grass. Frei nach dem Motto:“Das wird man ja wohl noch sagen dür­fen.“

Anthraxit über Lars Quadfasels Beitrag zur Rechtfertigung des an­ti­mus­li­mi­schen Ras­sis­mus in konkret 1/2013 und darüber, dass man Kri­ti­ker des An­ti­se­mi­tis­mus und trotz­dem ein dre­cki­ger Ras­sist sein kann.

Sonntag, 25. November 2012

Hinkend...

Condoleezza Rice in der Washington Post über Marx und den Iran:
Karl Marx once called on workers of the world to unite across national boundaries. He told them that they had more in common with each other than with the ruling classes that oppressed them in the name of nationalism. Marx exhorted workers to throw off the “false consciousness” of national identity.
Today’s Karl Marx is Iran.


Mittwoch, 10. Oktober 2012

This Land Is Mine

This Land Is Mine von Nina Paley auf Vimeo.

Hier gibt es das "Who's killing who" zum Clip!

Samstag, 22. September 2012

Bewohner von Benghazi stürmen Hauptquartier der Salafisten

Riesig war der Demonstrationszug gestern im libyschen Benghazi, elf Tage nach wütenden Protesten und der Erstürmung der US-Botschaft anlässlich eines Trash-Movies über Personen mit Bärten und langen Gewändern.
Warum über diesen gestrigen "Muslim Rage" Mob jedoch heute nur vereinzelt in den Zeitungen berichtet wird liegt wohl daran, dass nicht gegen irgendwelche "Beleidigungen" gewaltsam vor europäischen oder amerikanischen Botschaften demonstriert wurde.
Stattdessen fand eine „Save-Bengasi-Demonstration" statt, bei der die Teilnehmer unter anderem gegen die verschiedenen Milizen der Region protestierten, die sich dort nach dem Sturz Qaddafis festgesetzt hatten. Der Zorn richtete sich vor allem auf die salafistisch-dschihadistische Miliz "Ansar al-Shari'a" die verdächtigt wird, an der Erstürmung der US-Botschaft und der Ermordung des Botschafters Christopher Stevens beteiligt gewesen zu sein.

Das Hauptquartier der Gruppe wurde von Demonstranten umstellt, die lautstark die Auflösung der Milizen forderten. Zwar versuchten salafistische Milizionäre noch mit Schusswaffen und islamistischen Bannern eine Drohkulisse aufzubauen, als sich jedoch trotzdem immer mehr Menschen der Demonstration anschlossen, mussten die Salafisten weichen. Das Hauptquartier wurde schließlich von der Bevölkerung gestürmt, in Brand gesetzt und anschließend von der Polizei übernommen.
Einer der Demonstranten erklärte in Bezug auf die Salafisten, dass er es leid sei von bewaffneten Männern in afghanischer Kleidung in den Straßen angehalten zu werden und Befehle zu erhalten.

Karim el-Gawhary schrieb dazu auf Twitter, dass es kaum überbewertet werden könne, dass die Bevölkerung zum ersten Mal in Eigenregie mit militanten Salafisten aufgeräumt habe.

Es ist interessant zu sehen, wann in den hiesigen Medien über Demonstrationen von wütenden Muslimen berichtet wird. Die Erstürmung eines salafistischen Unterschlupfs durch die Bevölkerung scheint jedenfalls nicht besonders erwähnenswert zu sein.

In Kairo, wo man weitere Ausschreitungen nach dem Freitagsgebet befürchtete, blieb es dagegen vollkommen ruhig. Lediglich ein müdes Häuflein von 20 Personen fand sich vor der französischen Botschaft ein, um gegen den berüchtigten Abaya und Säbel-Film und Karikaturen in der Satirezeitschrift Charlie Hebdo zu demonstrieren. Man hat andere Probleme.